Onboarding-Homeoffice

Eine Studie des WorkFamily-Instituts und der FOM Hochschule

Homeoffice will gelernt sein - Bericht 1

Von Joachim E. Lask*, Verena J. Heidrich* & Eleonore Soei-Winkels**

Wer sind die Teilnehmenden

Geschlecht: weiblich N=258 mit einem mittlerem Alter von 39,7 Jahren, männlich N= 165 mit einem mittlerem Alter von 41.9 Jahren, divers N=1.

Generationenzuordnung: Babyboomer 10.8 %, Generation X 41.2 %, Generation Y 43.1 %, Generation Z 5 %.

Beziehungsstatus: verheiratet 46.5 %, verlobt 3.3 %, Lebensgemeinschaft 27.1 %, Single 18.2 %, anders 5 %.

Position: Sach/Fachkraft 47.9 %, Fach/ Führungskraft 28.1 %, Gruppen-/ Abteilungsleiter 6.4 %, Bereichsleiter 3.5 %, Vorstand/ Geschäftsführung 5.4 %, Freiberuflich/ Selbständig 8.7 %

Mehr Homeoffice durch Corona19

Vor Corona19 arbeiteten fast 3 von 4 Mitarbeitenden 1-2 Tage im Homeoffice. Dies hat sich durch die Corona-Krise drastisch geändert. Nur noch 13.90 Prozent der HomeofficerInnen geben an, dass sie lediglich 1-2 Tage in der Woche ihre Arbeit im Homeoffice verbringen. 

Rollenpriorisierung

Über eines waren sich die Teilnehmenden einig (vgl. Abb.1), Privates und Beruf müssen auch im Homeoffice irgendwie miteinander vereinbart werden – am besten zu gleichen Teilen (82 Prozent). Wir befragten die HomeofficerInnen nach ihrer Priorisierung ihrer beruflichen und privaten Rolle[i]. Wir nutzen hierzu ein Konzept zur Rollenpriorisierung von Dr. Nina Junker und Prof. Dr. Rolf van Dick[i]. Die Verteilung der Rollenpriorisierung im Homeoffice (Abbildung rechts; Angaben in Prozent):

  • Privat>Job=Private Rolle hat Priorität (Separierer);
  • Job>Privat=Berufliche Rolle hat Priorität (Separierer);
  • Job] [Privat=Beide Rollen sind gleich wichtig und klar voneinander getrennt (Separierer);
  • Job-Privat=Beide Rollen sind gleich wichtig und der Übergang ist fließend (Integrierer);
  • [JobPrivat]=Es gibt nur eine Rolle Beruf und Privat zeitgleich (Integrierer).

[i] Junker, Nina M & Dick Rolf van (2019). Congruence in Preferences and Expectations of Work-Family Role Management: Operationalization and the Relation with Work-Family Balance and Spousal Support. In: Sex Roles 82(11) 644-658. Springer.

Rollenpriorisierung & Realität

Uneinigkeit besteht darüber, ob die beiden Bereiche ineinander überschwappen dürfen (Integrierer: ca. 50 Prozent) oder strikt voneinander getrennt werden sollten (Segmentierer: ca. 32 Prozent). Etwa einer von fünf Teilnehmenden setzt den Schwerpunkt in der privaten (15 Prozent) oder in der beruflichen (3 Prozent) Rolle (siehe Abbildung rechts).

Gerade einmal 16%  der Teilnehmenden berichten, dass es ihnen gelingt ihre angestrebte Rollenpräferenz in Bezug auf Zeiteinteilung, Raumaufteilung sowie emotionale und gedankliche Distanzierung in die Tat umzusetzen. Insbesondere eine strikte Trennung von Beruflichem und Privatem und die Priorisierung des Beruflichen vor dem Privaten scheint dem Großteil im Homeoffice nicht möglich zu sein. In der Abbildung rechts ist die Verteilung der Rollenpriorisierung und die Zuordnung von Raum, Zeit und Gedanken dargestellt unterschieden in gleich und ungleich.

 

Aktuelle Grenzdurchlässigkeit zwischen Home & Office

Bei genauerer Betrachtung der Ergebnisse fällt auf: An sich folgen die Studien-Teilnehmenden ihrer Rollenpriorisierung jedoch nicht konsequent genug.

In unseren ausgewählten Beispielen wird in der Abbildung rechts deutlich, dass etwa Gedanken um Berufliches Integrierer (Job-Familie) am ehesten zulassen und jene die klar zwischen Job und Privates trennen oder das Private vor den Job stellen dies weniger zulassen. Gleichwohl lassen sie die beruflichen Gedanken in der Freizeit in einem hohen Maße zu. Ähnliches gilt für Segmentierer für ihre  Gedanken während der Arbeit über Familienmitglieder.

Beide Grafiken rechts zeigen, wie die Unterschiede in der Grenzdurchlässigkeit zwischen Home & Office der Rollenpriorisierung entsprechen, jedoch nicht in der erwarteten Konsequenz.

Kommunikation über die eigene Rollenpriorisierung

Als weiterer bedeutsamer Aspekt erweist sich das Verständnis für die individuelle Rollenpriorisierung der Mitarbeitenden sowie dessen offene Kommunikation durch die Führungskraft.

63 Prozent der HomeofficerInnen geben an, dass die Führungskraft nicht ihre persönlichen Erwartungen an das Management von Arbeit und Privatem im Homeoffice teilt. Diese Inkongruenz steht in signifikanten Zusammenhängen zu Misserfolgen im Preboarding und Onboarding sowie zu erhöhtem Erschöpfungserleben und Erholungsbedürfnis.

174 Führungskräfte befragen wir in der Studie, welche Rollenpriorisierung sie für ihre Mitarbeitenden am geeignetsten finden. Noch nicht einmal 1 Prozent der Führungskräfte erwartet, dass die Mitarbeitenden den Job vor das Private stellen. Jedoch glauben 20 Prozent der Mitarbeitenden, dass ihre Führungskraft genau dies von ihnen fordert. genauerer Betrachtung der Ergebnisse fällt auf: An sich folgen die Studien-Teilnehmenden ihrer Rollenpriorisierung jedoch nicht konsequent genug.

Fazit

Die Bewältigung des Lockdowns und das kurzfristige Einrichten eines Heimarbeitsplatzes war für viele ein digitaler Wachstumsschub - für Unternehmen, Führungskräfte und Mitarbeitende. Nun ist das Finetuning gefragt. So müssen alle Beteiligten lernen mit diesem neuen Potential umzugehen.

  • Das Management von Privat- und Berufsalltag im Homeoffice erfordert kontinuierliches Training und Erfahrung (mehr dazu in Bericht 3).
  • Unterstützen Sie als familienfreundlicher Arbeitgeber diesen Lernprozess, indem Sie in ein intensives Pre- und Onboarding investieren. Die Mitarbeitenden sind hierzu interessiert und ausdrücklich bereit. Führungskräfte erwarten eine spezielle Weiterbildung (mehr dazu in Bericht 2).

Nun, wir freuen uns, Ihnen diesen ersten Bericht vorlegen zu können und wünschen uns, dass Sie ihn für ihre persönliche Homeoffice-Situation nutzen können oder für Ihre Mitarbeitenden. Und doch bleiben Fragen …

  • Wie kann es Ihnen als Führungskraft besser gelingen den Onboardingprozess ihrer Mitarbeitenden in das Homeoffice zu gestalten?
  • Warum sind Eltern und Erfahrene im Homeoffice erfolgreicher?
  • Wie unterscheiden sich die Erfahrungen im Homeoffice über die Generationen hinweg?
  • Und wie kann es Ihnen gelingen Ihre Homeoffice-Skills bewusst im Alltag einzusetzen?

* WorkFamily-Institut; ** FOM Hochschule

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